Zwischen Handelskrieg und Euro-Rally: EZB muss flexibel bleiben

Der Zinsentscheid der EZB fällt in eine besonders sensible Phase. Die Märkte benötigen Orientierung, keine zusätzliche Verunsicherung. Der geldpolitische Kurs der EZB und insbesondere die Worte von Christine Lagarde könnten entscheidend dafür sein, ob sich die Aktienmärkte stabilisieren. Jeder Hinweis auf den zukünftigen Zinspfad könnte für die Märkte von Bedeutung sein.

Die nächste Zinssenkung steht vor der Tür

Der Markt erwartet, dass die EZB im April die Zinsen um 25 Basispunkte auf 2,25 Prozent senkt. Es wäre bereits die siebte Zinssenkung im aktuellen Lockerungszyklus. Der Zinsentscheid am Donnerstag wird bereits mit Spannung erwartet.

Trumps Politik wird derzeit als größtes Risiko für die Eurozone angesehen (siehe Chart), noch vor geopolitischen Spannungen oder Lieferkettenproblemen. Seine unberechenbare Linie belastet das Vertrauen und sorgt für erhebliche Unsicherheit auf Seiten der Notenbank.

Die Themen Inflation, Ukraine-Krieg und Populismus rücken dabei zunächst etwas in den Hintergrund. Es wäre jedoch leichtsinnig, diese Risiken zu ignorieren. Die Lage kann sich jederzeit zuspitzen. Beispielsweise durch eine Eskalation zwischen den USA und Russland oder durch einen neuen Inflationsschub infolge von Zöllen.

Trumps Kurs erschwert derzeit konjunkturelle Prognosen und damit auch die geldpolitischen Entscheidungen der EZB. Die Notenbank steht vor der Herausforderung, in einem zunehmend unklaren Umfeld dennoch Orientierung und Stabilität zu bieten.

Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen. Quelle: Bloomberg

Unsicherheit belastet Wirtschaftsaussichten

Anleger sollten die Pressekonferenz von Christine Lagarde genau verfolgen, da sie das Potenzial hat, die Märkte zu bewegen. Es wird vermutlich keine große Ankündigung geben, eher Zurückhaltung und eine vorsichtige Botschaft, wie wir es bereits von ihr kennen. Daher ist jeder kleine Hinweis zum zukünftigen Zinspfad entscheidend.

Es wird jedoch keine leichte Aufgabe, die richtigen Worte zu finden. Die EZB möchte keine zusätzliche Volatilität auslösen, will aber gleichzeitig weitere Unterstützung zusichern. Gleichzeitig sollte aber nicht zu viel versprochen werden, da sonst der Eindruck entstehen könnte, dass die EZB bisher zu wenig getan hat. Gerade in diesem Marktumfeld könnte das fatal sein.

Wegen der angespannten Lage im weltweiten Handel wird es inhaltlich vermutlich vor allem um die Abwärtsrisiken für das europäische Wachstum gehen. Die US-Zölle auf europäische Waren wurden zwar für 90 Tage ausgesetzt, könnten aber dennoch Investitionen und das Konsumverhalten negativ beeinflussen.

Widersprüchliche Effekte

Trump befindet sich derzeit auf Eskalationskurs mit China. Beide Länder liefern sich eine Zollschlacht. Das schürt die Sorgen vor einem erneuten Anstieg der Inflation in Europa, denn Zölle gelten allgemein als preistreibend.

Andererseits könnten Zölle das Wirtschaftswachstum dämpfen. Außerdem sind die Ölpreise deutlich gefallen, wodurch der Inflationsdruck nachlässt. Wie lange die Zölle bestehen bleiben und in welcher Höhe, ist derzeit unklar. Vermutlich weiß Trump das selbst noch nicht genau.

Die widersprüchlichen Effekte von Zöllen stellen die EZB vor eine schwierige Aufgabe. Sie muss ihre Geldpolitik so ausrichten, dass sie sowohl auf Inflationsrisiken als auch auf mögliche Wachstumsdämpfer angemessen reagieren kann. Flexibilität ist dabei der Schlüssel.

Euro auf Höhenflug

Aktienanleger hoffen auf ein dovishes Signal. Das könnte die europäischen Indizes wie den DAX, CAC 40 und IBEX stützen. Dennoch könnten Ausverkäufe drohen, wenn Anleger den Eindruck gewinnen, dass die EZB die Kontrolle verliert. Überraschend schlechte Konjunkturaussichten der EZB würden den Druck auf Aktien erhöhen.

Eine dovishe Botschaft wäre nicht für alle Märkte vorteilhaft. Sie könnte die aktuelle Euro-Rally infrage stellen. Der EUR/USD hat sich in der vergangenen Woche zeitweise sogar der Marke von 1,15 angenähert und dabei den höchsten Stand seit drei Jahren erreicht (siehe Chart).

Technisch gesehen wurde mit dem Ausbruch über die Widerstandszone zwischen 1,1200 und 1,1275 weiteres Aufwärtspotenzial freigesetzt. Das Währungspaar legte in der Vorwoche um 3,8 Prozent zu. Eine derart dynamische Bewegung ist selten, weshalb der kurzfristigen Rally nun auch etwas die Luft ausgehen könnte.

Händler sollten zudem die Entwicklung auf der Dollar-Seite im Blick behalten. Ein schwächerer US-Dollar könnte den Euro weiter aufwerten oder zumindest eine deutliche Euro-Abwertung erschweren. In der ersten Wochenhälfte dürfte es vor allem Trump sein, der das Währungspaar bewegt.

EURUSD im Wochenchart. Quelle: eToro

Was die Märkte von der EZB brauchen

Die Erwartungen an Christine Lagarde sind hoch. Die EZB wird bestrebt sein, zusätzliche Marktvolatilität zu vermeiden. Gleichzeitig erschwert Trumps unberechenbare Politik der Notenbank eine klare Kommunikation des künftigen Zinspfads. Flexibilität und Fingerspitzengefühl werden entscheidend sein, um das Vertrauen der Märkte wiederherzustellen und Europas Wirtschaft durch eine Phase globaler Spannungen zu steuern. Ein vorsichtiger, aber dovisher Ton könnte dabei helfen, die Marktlage zu beruhigen.

 

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