Wochenüberblick 16-22/11/2015

Der wilde Ritt der Zentralbanken

Es wieder die Zeit des Monats gekommen, in der die wichtigsten Zentralbanken der Welt die Märkte auf eine Achterbahnfahrt der Gewinne und Verluste nehmen. Es beginnt am Mittwoch in den USA mit dem wichtigsten Ereignis der Woche, wenn die US-Notenbank das Protokoll ihrer Sitzung im Oktober veröffentlicht. Am Donnerstag folgt die geldpolitische Entscheidung und Bekanntgabe der Zinsen der Bank of Japan. Etwas später am selben Tag erhalten wir das Protokoll der letzten geldpolitischen Sitzung der EZB.

Das FOMC-Protokoll könnte den Dollar in die Höhe katapultieren

Am Mittwoch wird die Fed das Protokoll ihrer Oktobersitzung veröffentlichen. Im Allgemeinen werden die Ergebnisse der geldpolitischen Entscheidungen der Fed unmittelbar bekannt gegeben. Allerdings kann das Sitzungsprotokoll Anlegern oft dabei helfen, unmittelbar bevorstehende Kurswechsel besser zu verstehen. Den Märkten ist bewusst, dass bei der Fed die Zeichen klar auf Zinserhöhung stehen, allerdings stand hinter dem konkreten Zeitpunkt seit jeher ein großes Fragezeichen. Einer der Aufträge der Fed besteht in der Gewährleistung von Vollbeschäftigung in den USA. In diesem Zusammenhang könnten daher die Sitzungsprotokolle Aufschluss darüber geben, ob dem Aspekt des Arbeitsmarktes große Bedeutung zugemessen wird.

Falls dem so sein sollte, könnten die letzten Beschäftigungszahlen deutliche Konsequenzen haben. Die Jobzahlen im Oktober sprengten nämlich alle Erwartungen: Im privaten Sektor wurden 271.000 neue Stellen geschaffen, wodurch die Prognosen von 185.000 neuen Arbeitsplätzen klar übertroffen wurden. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung größer als je zuvor. Die Anleger werden das Sitzungsprotokoll genau unter die Lupe nehmen, um die jeweiligen Ansichten und das frühere Abstimmungsverhalten der FOMC-Mitglieder besser zu verstehen. Dies könnte dazu beitragen, dass die Wetten auf eine Zinserhöhung im Dezember bestärkt werden, was dem US-Dollar Auftrieb verleihen würde.

Kommt es endlich zu monetärer Lockerung durch die BOJ?

Am Donnerstag erhalten wir die geldpolitische Entscheidung der BOJ. Die BOJ hat klargemacht, dass sie wieder expansive Maßnahmen geplant hat, um die enttäuschenden Wachstumszahlen anzukurbeln. Allerdings hat Sie auch eine Tendenz dazu, mit abwartenden Entscheidungen die Märkte zu überraschen. Der Druck hat jedoch in letzter Zeit von allen Seiten zugenommen, um die BOJ zu mehr Stimulierung zu bewegen. Frühere Maßnahmen, einschließlich monetärer Lockerung gewaltigen Ausmaßes, bescherten allerdings nur bescheidene Verbesserungen.

Der Druck kommt zu einem großen Teil von der japanischen Regierung. Der Erfolg der sogenannten “Abenomics”, eines vom japanischen Premierminister Shinzo Abe angeführten Wirtschaftskonzepts, ist weiterhin fraglich. Der Vorsitzende der BOJ, Haruhiko Kuroda, verlangt von Abe mehr Proaktivität. Die Märkte sind also darauf gespannt, ob die BOJ die Initiative ergreifen oder weiter im Hintergrund bleiben wird.

Bei der genaueren Betrachtung des EZB-Protokolls steht der Euro im Mittelpunkt

Ebenfalls am Donnerstag wird das Protokoll der letzten geldpolitischen Sitzung der EZB veröffentlicht. Wie das Protokoll der Fed, wird uns auch das EZB-Protokoll Einblicke in die Beweggründe der Mitglieder des EZB-Rats geben. Die Erwartungen sind groß, dass die EZB im Dezember weitere Stimulierungsmaßnahmen beschließen wird. Die Anleger werden nach Anzeichen suchen, dass Draghi im Begriff ist, wieder aktiv zu werden. Daher fiebern die Marktteilnehmer ersten Anhaltspunkten entgegen.

Viele dachten bereits, solche zu erhalten, als Mario Draghi vergangenen Mittwoch in London vor die Presse trat. Er sprach 20 Minuten lang über die Zukunft des Bankensystems in der Eurozone und plädierte für eine echte Bankenunion, ein Einlagensicherungssystem und geldpolitische Souveränität. Zum Bedauern der Devisenhändler gab er allerdings keinen einzelnen Hinweis in Bezug auf eine bevorstehende monetäre Lockerung. Dadurch wird dieses Sitzungsprotokoll für die Zukunft des Euros noch bedeutender.

Im Klartext

Wenn alles plangemäß verläuft, werden wir es bald mit einem stärkeren Dollar und einem schwächeren Euro sowie Yen zu tun haben. Für eine solche Entwicklung muss das Protokoll des Offenmarktausschusses der Fed (FOMC) klar und transparent gefasst sein. Die Anleger wollen eine Bestätigung sehen, dass die Fed im Begriff ist, einen aggressiveren Kurs einzuschlagen. Die BOJ muss im Gegenteil weitere Lockerungspläne durchdrücken. Und auch das EZB-Protokoll muss klar darauf hindeuten, dass in der unmittelbaren Zukunft eine in gewisser Art oder Form expansivere Geldpolitik bevorsteht.

Was das Verhältnis zwischen EUR und USD betrifft, möchten die Märkte noch etwas mehr Klarheit erhalten, bevor sie abermals Dollar kaufen und Euro verkaufen werden. Und die Protokolle von FOMC und ECB könnten genau diese Klarheit schaffen.

Das konkrete Programm

Protokoll der RBA-Sitzung (Dienstag) – Falls das Protokoll einen defensiven Kurs der RBA wiedergeben sollten, könnte der Aussie weiter an Wert verlieren.

VPI & Kerninflation in den USA (Dienstag) – Falls die US-Kerninflation die 2%-Grenze übersteigen sollte, würde dies dem Dollar starken Auftrieb verleihen.

Nicht geldpolitische Sitzung der EZB (Mittwoch) – Bei dieser Sitzung geht es nicht um eine Zinsentscheidung. Aber falls das Treffen auf gewisse Weise einen Ausblick für die Wirtschaft in der Eurozone widerspiegeln sollte, könnte sich dies auf den Euro auswirken.

FOMC-Protokoll (Mittwoch) – Das wichtigste Ereignis der Woche. Falls das Protokoll auf eine kämpferische Fed hindeuten sollte, wird dies die Erwartungen einer Zinsanhebung im Dezember beflügeln. Dies könnte möglicherweise eine Dollar-Rally im großen Stil auslösen.

BOJ-Zinsentscheidung (Donnerstag) – Falls die BOJ weitere Konjunkturmaßnahmen vom Stapel lassen sollte, könnte sich dies belastend auf den Yen auswirken.

EZB-Sitzungsprotokoll (Donnerstag) – Falls das EZB-Sitzungsprotokoll eine hohe Wahrscheinlichkeit weiterer monetärer Lockerung im Dezember zu erkennen geben sollten, könnte der Euro wieder unter Verkaufsdruck geraten.

Chart der Woche:

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